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Hacking Politics Online

Wir bieten Zugänge zum politischen System.

„hacking politics online“ hilft, Verständnis für Politik aufzubauen, indem man eigene politische Vorstellungen auf die lokale Ebene herunterbricht und in Form eines Stadtratsantrages strukturiert.

Hacking Politics Online: Stadtratsanträge schreiben

Politik machen, aber wie?

Wenn man weiß, wie ein Stadtratsantrag funktioniert, ist es recht einfach, ihn zu schreiben: Man nimmt eine Textverarbeitung, notiert den Gegenstand des Antrags, listet als Beschlussvorschlag auf, was die*der Bürgermeister*in tun soll und schreibt eine Begründung, warum es getan werden soll. Fertig.

Wenn man aber nicht weiß, wie ein Stadtratsantrag funktioniert, wo fängt man dann an?

(Kommunal-)Politik ist ein herausforderndes Geschäft, das in der politischen Bildung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Selbst Politikwissenschaftler*innen sagen oft, mit Kommunalpolitik hätten sie sich nicht beschäftigt und in der schulischen Gemeinschaftskunde beginnt „Politik“ meist erst auf Bundesebene. Dabei lässt sich auf lokaler Ebene sehr viel gestalten – der individuelle Einfluss- und Identifikationsfaktor ist hoch. Die Plattform „hacking politics online“ basiert auf einem erprobten Workshop, bei dem Teilnehmende lernen, Stadtratsanträge für ihre eigenen Anliegen zu formulieren, ohne selbst zwingend Mitglied im Stadtrat/Gemeinderat/Senat usw. sein zu müssen. Die Plattform hilft Einzelnen, ein Verständnis für Politik zu entwickeln, indem sie eigene politische Vorstellungen auf die lokale Ebene herunterbrechen und in Form eines Stadtratsantrages strukturieren.

Entstehende Antragsprojekte sind öffentlich sichtbar, so dass Interessierte sich zur Mitarbeit beim Team bewerben können

Von der „Denkarbeit“ zur „Schreibarbeit“, von der Idee zum Stadtratsantrag

Dazu fragt die Plattform in der „Denkarbeit“ strukturiert solche Aspekte ab, die den Nutzenden helfen, sich dem Antragstext anzunähern: Was ist das Problem, das in der Gemeinde gelöst werden soll? Was soll die Verwaltung tun, um dieses Problem zu lösen? (Handlungsauftrag) Welche Argumente sprechen gegen diesen Handlungsauftrag? Und warum sollte der Gemeinderat den Antrag dennoch beschließen? Welche Fraktion im Gemeinderat hat welche Eigeninteressen an dem Antragsthema? Und welche Kombination der existierenden Fraktionen ergeben eine Mehrheit?

Diese Fragestellungen helfen den Nutzer*innen, ihr Anliegen von verschiedenen Perspektiven auszuleuchten. Sie sammeln in dieser Denkarbeit nicht nur Inhalte für den eigentlichen Antragstext, sondern werden sich auch klarer darüber, was ihr eigentliches Anliegen ist und wie sie es in einen Handlungsauftrag für die Verwaltung übersetzen müssen.

An die Denkarbeit schließt die „Schreibarbeit“ an. Die Plattform bietet dafür ein integriertes „Etherpad“, in dem der eigentliche Antragstext geschrieben wird. Allerdings werden den Nutzenden alle zuvor in der Denkarbeit gesammelten Informationen sichtbar gemacht, so dass die „Übersetzung“ von der gesammelten Denkarbeit in die Schreibarbeit leichter fällt. Das Produkt ist eine OpenDocument-Datei, die in gängigen Textverarbeitungsprogrammen weiterverarbeitet werden kann. Sie ist die Grundlage, um mit Stadträten und Fraktionen ins Gespräch zu kommen, dafür wie der Antrag „in den Geschäftsgang“ kommt, sprich: im Stadtrat behandelt wird.

Die Bearbeitung von Schreibarbeit und Denkarbeit kann kollaborativ erfolgen: Online wird jeder angestrebte Stadtratsantrag als „Antragsprojekt“ behandelt. An einem Antragsprojekt können mehrere Menschen mitarbeiten, so dass kollektives Wissen gesammelt und eingebracht werden kann. Die Plattform unterstützt das dadurch, dass Bereiche, die von einem User bearbeitet werden, für die anderen User gesperrt werden. Verlässt die*der Bearbeiter*in den Bereich, wird dieser für die anderen User freigegeben. So können mehrere Menschen konfliktarm an einem gemeinsamen Stadtratsantrag arbeiten und ihre Expertise zusammenfügen.

Die Plattform hat zwei zentrale Funktionen: Die Plattform führt auch politisch Unbedarfte Schritt für Schritt auf ein Antragsdokument hin, das im politischen Raum genutzt werden kann. Sie hilft damit, aus der gängigen „Forderungskultur“ eine „Beteiligungskultur“ zu machen. Aus „die Stadt müsste mal…“ wird „lass uns einen Stadtratsantrag schreiben!“ Mehr und qualitativ hochwertige Stadtratsanträge können das politische Leben in Kommunen fördern und mehr politischen Anliegen Gehör verschaffen. Dazu trägt bei, dass mehrere Menschen am gleichen Antragsprojekt arbeiten können und so Vernetzung gleichartiger Interessen möglich wird . Die Plattform befähigt politisch Interessierte dazu, ihr politisches Interesse in eine wirksame Form zu bringen: Sie ist eine Plattform für politische Bildung. Durch die schrittweise Hinführung (auf den Umwegen der „Denkarbeit“) werden Interessierte mit den Eigenheiten lokaler Politik und dem Instrument des Stadtratsantrags vertraut gemacht. Die Kollaborationsmöglichkeit erleichtert, dass Menschen voneinander lernen.

Workflow durch die Denkarbeit für einen Stadtratsantrag

FAQ Kommunalpolitik und Stadtratsanträge

Um die Hintergründe erfolgreicher Kommunalpolitik und wirksamer Stadtratsarbeit auszuleuchten, wurden wiederkehrende Fragen in einer FAQ zusammengetragen und als Wiki veröffentlicht. Informationshäppchen auf der Plattform geben einen Vorgeschmack und verlinken dann zu tiefergehenden Informationen im Wiki. So soll das learning-by-doing durch kontextgenaue Hintergrundinformationen unterstützt werden.

Mit Politischer Bildung zur umfassenden Beteiligungskultur

Die Plattform stellt damit einen öffentlich nutzbaren digitalen Raum dar, in welchem politische Bildung vermittelt wird, ohne zu belehren. Vielmehr erarbeiten die Nutzer*innen sich eigenständig anhand einer eigenen politischen Idee oder eines zu lösenden lokalen Problems, wie sich Ideen und Probleme in das politische Instrument des Stadtratsantrags übersetzen lassen. Das angestrebte Ergebnis – ein Antragstext – ist ein konkret nutzbares Artefakt: Mit diesem kann man auf jene Ansprechpartner*innen in der eigenen Kommune zugehen, die man im Rahmen der Denkarbeit recherchiert hat. Selbst wenn der Antragstext von den Mandatsträger*innen und Fraktionen noch einmal überarbeitet und per Änderungsanträgen im Stadtrat verändert wird, so öffnet sich dennoch ein konkreter Einflussraum. Nur Mandatsträger*innen können Stadtratsanträge in den Geschäftsgang bringen. Prinzipiell können aber alle Menschen Stadtratsanträge schreiben. Lernen mehr Menschen, wie man solche Dokumente gestaltet und wie man sie an die Mitglieder eines Stadt- oder Gemeinderates heranträgt, so belebt dies die politische Kultur. Aus Machtlosigkeit wird Einflussfähigkeit. Aus der weit verbreiteten Forderungskultur („Die Stadt müsste mal…“) erwächst eine stärkere Beteiligungskultur, wenn politische Werkzeuge wie „Stadtratsanträge“ für mehr Bürger*innen nutzbar werden. Das politische Instrument des Stadtratsantrags zu demokratisieren und mehr Menschen Zugang zu diesem zu geben, ist Ziel der Plattform.

Technik & Learnings

Die Software ist als Client-Server-System mit REST-API als vermittelnde Schnittstelle gebaut. Der Server basiert auf PHP mit dem Symfony-Framework. Der Client nutzt Nuxt.js und das Vue-Framework. Der Quellcode steht unter MIT-Lizenz offen zur Verfügung unter https://github.com/HackingPolitics/ Als besonderes technisches Highlight wurde die Kollaborationsfunktion herausgearbeitet: Über einen vermittelnden HocusPocus-Server werden jene Bereiche gesperrt, die von einem User bearbeitet werden, und für andere Nutzer*innen nach Fertigstellung freigegeben.

Partnerorganisationen und Plattform-Einsatz

Für den weiterführenden Einsatz und die Weiterentwicklung der Plattform werden Partnerorganisationen gesucht, die als Institutionen der politischen Bildung oder als politische Akteure fungieren. Ihre Community und Zielgruppe können mit der Plattform befähigt werden, stärkere politische Wirksamkeit zu entfalten und politisches Verständnis aufzubauen. Die Plattform kann als rein digitaler Raum aufgesetzt werden, oder durch unterstützende Workshops aufgewertet werden. Dazu wurden vom HackingPoliticsOnline-Team bereits Erfahrungen gesammelt, die genutzt werden können.

Besondere Funktionen: Parlamentssteckbriefe, Muster-Anträge, Antragsstrategie

Die Plattform bringt (mindestens) drei besondere Funktionen mit: Parlamentssteckbriefe können durch die*den Administrator*in (beziehungsweise nach einer Weiterentwicklung durch Parlamentsverantwortliche) angelegt werden. Ein Parlamentssteckbrief bezieht sich auf eine Gemeinde und enthält die Information, wie der örtliche Gemeinderat, also das Gremium, heißt und welche Fraktionen mit welcher Sitzverteilung darin sitzen. Schreibt dann ein*e Nutzer*in einen Antrag für dieses Parlament, so können die Informationen aus dem Parlamentssteckbrief dafür genutzt werden, die Mehrheitsverhältnisse auszuloten und kreativ nach sinnvollen Mehrheiten für den Antrag zu suchen. Im Laufe der Zeit sollen auf der Plattform Stadtratsanträge für verschiedenste Themen in verschiedensten Kommunen zu finden sein. Denkbar ist, dass diese Antragsdokumente dann als Vorlage dienen, um ähnliche Anträge in anderen Kommunen einzureichen. Sie könnten als Muster benutzt werden, um erfolgreiche politische Entscheidungen für ein Problem in Kommune A auf das gleiche Problem in Kommune B anzuwenden. Die entstehende Antragsdatenbank sollte demnach nützlich sein, politische Prozesse überregional zu beschleunigen, weil der Austausch von Antragsmustern erleichtert wird. Die Erarbeitung eines Stadtratsantrags geht immer einher mit Überlegungen zur richtigen Strategie: Um Mehrheiten im Stadtrat zu erhalten muss man wissen, welche Fraktionen mit wie vielen Stimmen zustimmen würden – und welche Argumente sie überzeugen. Dazu bietet das Werkzeuge eine Art „Mehrheitskalkulator“, in dem zugleich die Eigeninteressen der Ratsfraktionen gesammelt werden. So kann man sich frühzeitig ein Bild machen, wen man zur Mehrheit braucht.

Mehrheiten kalkulieren und Eigeninteressen der Fraktionen sammeln

Wir danken dem DLR und dem BMBF herzlich für die Unterstützung.

Weiterführende Informationen & Kontakt

Das Hacking-Politics-Team ist interessiert an einer Nutzung, Weiterentwicklung und einem (gemeinsamen) Einsatz der Plattform:

Test-Plattform: https://hacking-politics.de/

FAQ: https://www.hacking-politics.de/faq

Quelltext: https://github.com/HackingPolitics/

Beispiel-Anträge, Kurzvortrag, Workshopmaterial, Podcast: https://zukunftsstadt.de/hacking-politics

Ansprechpartner*innen: Norbert Rost & Pauline Grahlmann: kontakt@hacking-politics.de