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Wir machen den Klimawandel mithilfe von Virtual Reality für Schüler:innen erlebbar.
„Tatsächlich bin ich der Meinung, dass die soziale Herkunft der jungen Protestler der eigentliche Geburtsfehler von ‚Fridays for Future‘ ist: Die Bewegung war von Anfang an viel zu homogen, viel zu elitär und entsprechend viel zu abgehoben, als dass sie dies selbst überhaupt auch nur bemerkt hätte. Nur wem es materiell gutgeht, der hat letztlich die Zeit und auch die Muße, den Klimaschutz als das persönlich wichtigste und auch einzige politische Thema unserer Zeit zu betrachten und ihm alles andere unterzuordnen.“
Cicero: Arzttöchter erklären die Welt von Clemens Traub, 20.09.2020
Schon mit Beginn der jugendlichen Protestbewegung für mehr Klimaschutz hat uns als Projektgruppe bewegt, ob die These von der „Rebellion der Privilegierten“ (Ruhrbarone: 04.03.2020) stimmt. Denn der Klimawandel ließe sich nicht bekämpfen, wenn der Sensibilisierungsprozess für die Größe des Problems nur bestimmte gesellschaftliche Gruppen erfasst hätte.
In unserem privaten Umfeld machten wir uns auf die Suche nach der Antwort. Und viele Gespräche später - vor allem mit Lehrkräften von Brennpunktschulen in Berlin - wurde uns klar: Tatsächlich geht „Fridays for Future“ an vielen Jugendlichen völlig vorbei. Das Problem des Klimawandels ist für eine zu große Gruppe zu abstrakt, um als ernste Gefahr für das eigene Lebensumfeld wahrgenommen zu werden.
Doch was können wir dagegen tun? Könnte es eine Technik geben, mit der das Problem des Klimawandels persönlicher erfahrbar machen können? Welches Instrument könnte das sein?
Alle vier Mitglieder unserer Projektgruppe hatten weitgehende Erfahrungen in der Arbeit mit Virtual Reality (VR). Ob in der medizinischen Anwendung oder als Lerninstrument in der schulischen Berufsorientierung – wir haben in den letzten Jahren die positiven Effekte, die VR beim Lernen entfaltet, persönlich begleitet.
Als immersives Medium erlaubt es etwa Schüler:innen, in eine neue Welt einzutauchen. Die virtuelle Reise zu den Ruinen von Pompeji, die Exkursion in die Regenwälder Brasiliens oder das Erleben eines Betriebsrundgangs rund um die Ausbildungsplatzsuche sind nur drei der vielen Beispiele, wie VR den Unterricht bereichern kann.
Die Immersion fördert in erheblichem Maße das emotionale Lernen. Die Nutzer:innen werden für Lerninhalte begeistert – und können sich womöglich deshalb stärker mit dem Unterrichtsthema identifizieren. Die Schüler:innen werden auf einer persönlicheren Ebene angesprochen, als es mit klassischen Schulbüchern in der Regel möglich ist.
Großes Potential liegt auch beim Lernen mit räumlicher Vorstellungskraft. Erst durch den persönlichen Besuch (oder eben die ersatzweise Nutzung einer VR-Brille) kann z.B. die gigantische Größe des Grand Canyons erfasst werden. Erst durch den persönlichen virtuellen Rundgang erleben Schüler:innen die Kultur und Stimmung in einem bestimmten Ausbildungsunternehmen. Oder erst durch die schiere Wucht der Anzahl von CO2-Tonnen kann der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß verschiedener Verkehrsmittel wirklich erfasst werden.
Könnte VR ein Ansatz sein, um Jugendlichen zu helfen, den Klimawandel wirklich zu verstehen? Als wir uns diese Frage mit „Ja, vielleicht“ beantwortet hatten, entstand langsam aber sicher die Idee für unseren Prototyp: CURB VR.
Das englische Wort „curb“ umschreibt den Prozess der Entschleunigung, des Herunterfahrens, des Drosselns. Also genau das, was gesellschaftlich notwendig sein wird, um dem Klimawandel zu begegnen.
CURB VR ist eine lizenzfrei nutzbarer Virtual-Reality-Prototyp, der jungen Menschen dabei hilft, den Klimawandel zu verstehen. CURB VR wurde im Jahr 2021 im Rahmen des „Prototype Funds“ von uns speziell für die Nutzung an Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen entwickelt.
Die Nutzer:innen der Virtual-Reality-App erhalten durch das Lernmedium in 10 bis 15 Minuten eine Einführung in den Klimawandel mit Hilfe von leicht verständlichen und erlebbaren Modellen.
CURB VR ist in drei Teilen aufgebaut.
Im ersten Teil beschäftigen sich die Lernenden damit, was überhaupt „das Klima“ ist. Sie lernen niedrigschwellig die Grundprinzipien des Treibhauseffekts und des Kohlenstoffkreislaufs kennen. In diesem Schritt sensibilisiert die App dafür, dass der Mensch Einfluss auf diese Phänomene hat.
Im zweiten Abschnitt erleben die Nutzer:innen dann, wieviel CO2 der Mensch in verschiedenen Sektoren produziert. Hierfür wächst man in drei Stufen über eine symbolische Stadt hinaus und entdeckt immer größere Perspektiven auf den CO2-Ausstoß, bis man über die Wolken ragt und über das gesamte Ausmaß lernt.
Im dritten und letzten Teil der App wird CURB VR auf die Auswirkungen des Klimawandels eingehen. Hier werden zukünftig zum Beispiel Waldbrände oder die schädliche Veränderung von Cyanobakterien im Wasser näher betrachtet und in realistischen Simulationen nähergebracht.
Der Grundton der App soll nicht apokalyptisch sein. Vielmehr geht es um Empowerment: Das Begreifen, dass das eigene Handeln einen Effekt (wenn auch einen kleinen) auf den Klimawandel hat, ist das oberste Ziel unserer Lernanwendung.
Nach dem Fertigstellen des Prototyps kommt die nächste große Herausforderung auf uns zu. Wir brauchen einen Weg, wie möglichst viele Schulen und Bildungseinrichtungen die VR-App letztendlich nutzen können.
Zur Distribution haben wir in der Projektlaufzeit die folgenden Ideen entwickelt:
Spread the Word: Viele Bildungsorganisationen für CURB VR gewinnen Wir übergeben den fertiggestellten Prototypen an mindestens 30-50 Institutionen der Umweltbildung in Deutschland. Wir sprechen diese aktiv an und erläutern auf Wunsch auch persönlich, wie sie die App einsetzen, weiterentwickeln und vermarkten können. Wir übergeben das Produkt also in fremde Hände und setzen darauf, dass möglichst viele es zukünftig einsetzen.
Huckepack: Projektlead finden Der Prototyp wird zwar selbstverständlich frei zugänglich gemacht – jedoch planen wir den Roll-Out und die Produktentwicklung gemeinsam mit einem festen Partner. Hierbei sollte es sich um eine Institution handeln, die infrastrukturell in der Lage ist, das Vorhaben zu stemmen und weitere Fördermittel zu akquirieren. Wir übernehmen die Rolle der beratenden Expertengruppe, die je nach Bedarf für Entwicklungen herangezogen werden kann.
Do It Yourself: Wir gründen selber etwas Wir könnten eine „richtige“ Organisation gründen, also eine Weiterentwicklung der GbR. Das könnte genauso gut eine Entwicklungsagentur rund um VR wie auch eine NGO mit Fokus auf Climate Tech sein. Mit dem Prototypen können wir der Welt zeigen, was wir können – und gehen selber auf Fundraising-Tour für die Weiterentwicklung der VR-App.
Die Entscheidung werden wir als Projektteam im Frühjahr 2021 treffen.
Die zweite zentrale Frage für die Zukunft von CURB VR ist, wie das Angebot langfristig finanziert werden kann. Auch hier haben wir einige Optionen ausfindig gemacht:
Non-Profit-Fundraising Der klassischste Weg der Finanzierung eines sozialen Produkts ist das Fundraising. Dieses kann sich etwa auf Spenden oder auf öffentliche Mittel beziehen. Unser Prototyp ist unserer Einschätzung nach hochinteressant für Stiftungsfinanzierungen oder öffentliche Aufträge und Projekte. So kann sowohl die Distribution als auch die technische Weiterentwicklung gewährleistet werden.
Business to Business: Das VR-Lab zu Nachhaltigkeit direkt im Unternehmen In einer erweiterten Form unseres Produkts könnte ein VR-Lab an Unternehmen verkauft werden. Mit Hilfe von CURB VR können Unternehmen für ihre Mitarbeitenden, vielleicht speziell für Auszubildende und Young Professionals, Umweltbildung direkt im Unternehmen anbieten. In einer Zeit, in der immer mehr Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzen (wollen), könnte das ein interessanter Ansatz für Personal- und CSR-Abteilungen sein.
Business to Public: CURB VR an Schulen Die derzeitige Pandemie hat eine Digitalisierungswelle im Schulsektor gestartet. Bundesländer sind auf der Suche nach digitalen Instrumenten und frischem Inhalt. Hier könnte unser Prototyp den Zahn der Zeit treffen. Mögliche Abnehmer sind Kultusministerien, Landesmedienzentren oder die Schulen selbst.
Business to Consumer: Gamestores Wir veröffentlichen die App zahlungspflichtig in den entsprechenden Stores zur privaten Nutzung zu Hause.
Wir bedanken uns beim BMBF, beim DLR und beim Prototype Fund für die Möglichkeit, den Prototypen von CURB VR zu entwickeln.