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Wir entlasten Pflegekräfte und verhelfen Pflegebedürftigen zu größerer Selbstständigkeit.
Wir entlasten mit der App CoopCare Pflegekräfte bei der Dokumentation und Planung und wollen Pflege-Teams sowohl in kooperativer Selbstorganisation unterstützen, als auch darin Pflegebedürftige selbständiger zu machen. Ein persönlicher Erfahrungsbericht über den Entstehungsprozess und Ausblick auf die nächsten Schritte.
Wir entlasten mit der App CoopCare Pflegekräfte bei der Dokumentation und Planung und wollen Pflege-Teams sowohl in kooperativer Selbstorganisation unterstützen, als auch darin Pflegebedürftige selbständiger zu machen. Ein persönlicher Erfahrungsbericht über den Entstehungsprozess und Ausblick auf die nächsten Schritte.
Das werde ich immer wieder gefragt. Eigene Erfahrungen in der Pflege habe ich nicht.
Gestartet bin ich mit dem Wunsch, Arbeit an sich sinn- und würdevoller zu gestalten, für mich selbst und für andere. Als Fan des Genossenschaftsgedankens war ein Aspekt, den ich unbedingt lernen wollte, wie sich Teams selbst organisieren und ganz kooperativ und ko-kreativ ohne formelle Hierarchien effektiv Entscheidungen treffen. Unter anderem habe ich das Buch Reinventing Organizations von Frederic Laloux gelesen. Es enthält viele Praxisbeispiele, darunter das des niederländischen Pflegedienstes Buurtzorg, der mit einer Vielzahl guter Prinzipien die ambulante Pflege entscheidend für Patient*innen und Pflegekräfte verbessert hat. Das fand ich sehr ermutigend und meine Neugierde war geweckt. Aus der deutschen Hörbuchfassung habe ich erfahren, dass auch hierzulande einige Pflegedienstleister angefangen haben, nach diesem Paradigma zu arbeiten. Mit der Sehnsucht zu dieser Veränderung beizutragen, habe ich den Kontakt gesucht um die Bedürfnisse von Pflegekräften in Bezug auf Software zu verstehen. So habe ich neben weiteren Erkenntnissen von den Vorteilen des Omaha-Klassifikationssystems für die Pflege erfahren. Seitdem spüre ich eine Berufung, gute Software für Menschen in Pflegeberufen zu bauen.
Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass mein Bezug zur Pflege womöglich doch persönlicher ist, als mir zunächst klar war.
Meine Mutter arbeitete ihr ganzes Leben in der Pflege: erst als OP-Schwester, dann als Gemeindeschwester, später in der ambulanten und stationären Pflege. Ich bekam mit, wie ihr die Arbeit erst emotional und dann auch körperlich immer mehr zu schaffen machte, bis sie schließlich mit Anfang 50 arbeitsunfähig und Frührentnerin wurde. Sie hat mich wiederholt davor gewarnt, mir „ja keinen sozialen Beruf zu suchen”. Also bin ich Software-Entwickler geworden anstatt was Anständiges zu lernen…
Ich spüre, dass meine Wertschätzung und mein tiefer Respekt für Menschen, die Care-Arbeit leisten, auch hierher stammt, und gleichzeitig mit etwas Furcht vor Überforderung vermischt ist.
Eine Software, die Selbstorganisation und Kooperation fördern will, kann meiner Meinung nach nur kooperativ entstehen und dafür ist eine Open-Source-Mentalität ideal. Das gemeinfreie Omaha-System trägt diesen Gedanken bereits in sich. Da ich bisher keiner Open-Source-Software für die Pflege begegnet bin, sehe ich hier einen echten Bedarf.
Beginnen wir mit dem Naheliegendsten: dem Einfluss der Pandemie. Da ich bereits zuvor dauerhaft im Home Office gearbeitet habe, änderte sich an meinem Arbeitsmodus nichts. Viel schwieriger empfand ich es, in Kontakt zu bleiben. Zum einen, weil die Zeit für einige meiner Ansprechpartner*innen in der Pflege sehr turbulent war. Zum anderen fand ich es als Einzelkämpfer im Projekt schwer, eine Balance zwischen Software-Entwicklung und Konzeption einerseits und Feedback-Gesprächen und Kommunikation andererseits zu finden. Für die Qualität und Akzeptanz der Software sind die Rückmeldungen der Pflegekräfte ganz entscheidend. Tatsächlich habe ich wertvolle Rückmeldungen bekommen - allerdings seltener als ich gebraucht hätte. So habe ich improvisiert und mich oft auf mein Gefühl verlassen. Ich hoffe, die getroffenen Annahmen in den kommenden Monaten mit weiterem Feedback überprüfen zu können.
Sechs Monate vergehen sehr schnell. Vielleicht sogar noch schneller, wenn man allein an dem Projekt arbeitet. Das empfand ich als größte Herausforderung: jede erforderliche Rolle im Projekt selbst einzunehmen. Nicht einfach Software-Entwickler zu sein, sondern auch Konzepter, Designer, Projektmanager, Übersetzer, Tester, Öffentlichkeitsarbeiter. Ständig melden sich Stimmen im Kopf, die mir sagen, welche Bereiche gerade zu kurz kommen. Letztlich habe ich versucht, mich auf das zu konzentrieren, was ich am besten kann: Software zu bauen.
Sollte ich noch einmal in der Situation sein, mit einem Projekt gefördert zu werden, würde ich als Team antreten. Mit zwei oder drei Personen, deren Fähigkeiten sich komplementär ergänzen, so dass alle mehr aus ihren Stärken heraus handeln können und die Teammitglieder sich gegenseitig voranbringen und entlasten.
In jedem Fall ist der Aufbau eines Teams ein Schritt, der ansteht, auch wenn die Finanzierung noch nicht geklärt ist, denn alleine zu arbeiten macht auf Dauer keinen Spaß. Ein afrikanische Sprichwort bringt es auf den Punkt: „Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Doch wenn du weit gehen willst, geh mit anderen.”
Unendlich dankbar bin ich allen Menschen, die mich in diesem Entstehungsprozess mit Rat und Tat begleitet und unterstützt haben; ganz besonders meiner Frau Ricarda für ihre liebevolle Ermutigung und Geduld. Dem BMBF danke ich für die finanzielle Förderung, sowie dem Prototype Fund und dem DLR für die Betreuung und Unterstützung des Projekts.
Nach dem Ende des Förderzeitraums geht die Entwicklung von CoopCare weiter. Nicht alles, was ich mir vorgenommen habe, konnte ich zeitlich umsetzen. Bei manchen Aufgaben hat es nur für die Recherche und Konzeption gereicht. Gleichzeitig sind viele weitere Ideen hinzugekommen. In vier Aufgabenbereichen möchte ich die App kontinuierlich voranbringen:
Daten & Sicherheit: Um den bestmöglichen Datenschutz zu gewährleisten, soll CoopCare die Daten Ende-zu-Ende verschlüsselt synchronisieren. Conflict-free replicated data types (CRDT) ermöglichen dabei eine konfliktfreie, parallele Bearbeitung der Daten auch offline und eine sichere Versions-Historie, so dass Änderungen nachvollzogen und bei Bedarf rückgängig gemacht werden können.
Funktionsumfang: Um weitere organisatorische Aufgaben kooperativ im Team bewältigen zu können, soll der Funktionsumfang von CoopCare erweitert werden. Dazu gehört die Erfassung der Stammdaten des Pflegebedürftigen, eine Dienst- und Tourenplanung und die Integration der Abrechnung. Vorgesehen sind auch übersichtliche Auswertungen der strukturierten Dokumentationsdaten, um häufige Bedürfnisse und besonders wirksame Pflegemaßnahmen belegen zu können.
Benutzeroberfläche: Die Benutzung von CoopCare soll Spaß machen und möglichst intuitiv und verständlich sein. Dafür soll mit Hilfe des Feedbacks von Pflegekräften die Benutzeroberfläche weiter vereinfacht und verbessert werden.
Wissen: Das Omaha-System ist wie eine Sprache mit etwa 140 Vokabeln und will gelernt werden, ist in Deutschland jedoch kaum bekannt. Eine Einführung mit kurzen Tutorial-Videos, Übungen und interaktiven Fallbeispielen als Bestandteil der App soll an Bekanntes anknüpfen, den Einstieg erleichtern und dabei helfen, Sicherheit im Umgang mit dem Omaha-System und CoopCare zu erreichen.
Genug der Worte, Zeit für Ergebnisse: Mach dir mit der Demo-Version online ein eigenes Bild vom CoopCare-Projekt!
Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten findest du auf der Projekt-Webseite. Gibt es bei CoopCare etwas, das noch schwer verständlich ist oder besser werden kann? Ich freue mich über Rückmeldungen.
Foto: © Alicia Magnuson Photography / Stocksy United